Im Interview mit Dr. Patrick Bronner

Was hat dich motiviert Lehrer zu werden?

Im deutschen Bildungssystem entscheidet sehr oft die soziale Herkunft über den Bildungserfolg. In meiner eigenen Schulzeit habe ich selbst erfahren, was engagierte Lehrerinnen und Lehrer mit Überzeugung und Motivation bewirken können.

Ich komme aus einer Bäckerfamilie mit einer über 100-jährigen Familientradition. Deshalb war von Anfang an klar: Der Junge geht auf die Hauptschule und übernimmt dann die traditionelle Bäckerei. Mein großes Glück waren viele engagierte Lehrerinnen und Lehrer, die mich als Schüler persönlich gefördert und mir gezeigt haben, wie wichtig gute Noten sind. Von der Hauptschule ging auf die Realschule und nach der mittleren Reife auf das berufliche Gymnasium. Ich hätte Medizin oder Jura studieren können, habe mich aber ganz bewusst für einen Beruf entschieden, in dem man mit jungen Menschen sehr viel bewegen kann.

Über Dr. Patrick Bronner

Patrick erhielt den Deutschen Lehrerpreis 2016 für den Einsatz von Smartphones im Unterricht. Heute ist er ein Vorreiter für den kompetenzorientierten Unterricht mit Tablets und KI-Tools. Er unterrichtet seit 15 Jahren Mathematik und Physik am Friedrich-Gymnasium in Freiburg, bildet Referendare aus, ist Fachberater für Unterrichtsentwicklung und hält Vorträge zur zeitgemäßen digitalen Bildung.

Foto: privat

Ich engagiere mich als Pädagoge für eine kompetenzorientierte digitale Bildung, die nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen darf

Was hat dich motiviert Lehrer zu werden?

Im deutschen Bildungssystem entscheidet sehr oft die soziale Herkunft über den Bildungserfolg. In meiner eigenen Schulzeit habe ich selbst erfahren, was engagierte Lehrerinnen und Lehrer mit Überzeugung und Motivation bewirken können.

Ich komme aus einer Bäckerfamilie mit einer über 100-jährigen Familientradition. Deshalb war von Anfang an klar: Der Junge geht auf die Hauptschule und übernimmt dann die traditionelle Bäckerei. Mein großes Glück waren viele engagierte Lehrerinnen und Lehrer, die mich als Schüler persönlich gefördert und mir gezeigt haben, wie wichtig gute Noten sind. Von der Hauptschule ging auf die Realschule und nach der mittleren Reife auf das berufliche Gymnasium. Ich hätte Medizin oder Jura studieren können, habe mich aber ganz bewusst für einen Beruf entschieden, in dem man mit jungen Menschen sehr viel bewegen kann.

Du hast 2016 den Deutschen Lehrerpreis für den Einsatz von Smartphones im Unterricht erhalten. Warum ist deine Schule vom preisgekrönten BYOD-Konzept wieder abgerückt?

Im Jahr 2015 haben wir ein schulweites Smartphone-Konzept eingeführt. Die Schülerinnen und Schüler konnten dabei ihr privates Smartphone im Klassenzimmer für schulische Zwecke einsetzen (BYOD-Konzept). Wir konnten so die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von mobilen Endgeräten in allen Fächern erproben und gleichzeitig zahlreiche Unterrichtsbeispiele veröffentlichen.

Im Jahr 2018 haben wir eine komplette Klassenstufe mit 1:1 Tablets ausgestattet. Durch den nun möglichen Vergleich wurde deutlich, dass das Smartphone-Konzept für die Schule nur eine Übergangslösung darstellt, bis alle Schülerinnen und Schüler ab Klasse 8 mit Tablets ausgestattet sind. Die von der Schule verwalteten 1:1 Schüler-Tablets haben ein einheitliches Betriebssystem, jeder Lernende hat das gleiche Modell und von der Klassenstufe abhängige Restriktionen. Durch das Fehlen von Social-Media-Apps lenken Tablets nicht so stark vom Lernen ab, wie dies bei Smartphones der Fall war.

Seit der flächendeckenden 1:1-Ausstattung mit Tablets sind Smartphones bei uns nicht nur wie bisher in den Pausen, sondern nun auch im Unterricht strikt verboten. Zur Wahrung der Chancen- und Bildungsgerechtigkeit verzichten wir auf eine Elternfinanzierung der Schüler-Tablets und bezahlen die Endgeräte komplett aus dem Schulbudget.

Viele  machen sich Sorgen über die Medienzeit der Schülerinnen und Schüler.
Morgens das schulische Tablet und nachmittags das private Smartphone … was meinst du dazu?

Wir haben vier didaktische Leitlinien für eine wirkungsvolle Nutzung der 1:1 Schüler-Tablets aufgestellt und passen diese immer wieder an die aktuellen Entwicklungen, wie z. B. der Verfügbarkeit von künstlicher Intelligenz an. Dabei orientieren wir uns an den Ergebnissen der empirischen Unterrichtsforschung.

Unter anderem wird in unseren Leitlinien empfohlen, dass die Schüler-Tablets maximal nur die Hälfte der Unterrichtszeit aktiv sein sollten. Dies wird z.B. erreicht, indem die digitale Heftführung eingeschränkt ist: In Mathematik wird nur das Regelheft digital, das Übungsheft aber analog geführt. Auf E-Books wird komplett verzichtet und es gibt ganz bewusste analoge Lernzeiten ohne KI-Unterstützung. Klare Routinen wie „Tablet zu“ beim Lehrer-Schüler-Gespräch helfen zusätzlich, Ablenkung und Medienzeit zu minimieren.

Und jetzt kommt auch noch KI dazu! Was ist dir dabei im Unterricht wichtig?

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz kann nicht nur das Lernen bereichern, sondern auch die Art und Weise, wie Wissen vermittelt und geprüft wird, grundlegend verändern. Um sicherzustellen, dass die Schülerinnen und Schüler KI-Werkzeuge reflektiert und lernförderlich nutzen, werden in meinem Unterricht Kompetenz zur präzisen Prompt-Formulierung und zur fachlichen Analyse von KI-Antworten entwickelt. Zudem werden die Schülerinnen und Schüler angeleitet, die KI z.B. in Projektarbeiten co-kreativ einzusetzen.

Dabei werden nicht nur die Chancen, sondern vor allem auch die Risiken im Umgang mit KI-Technologie thematisiert: Fragen des Datenschutzes (Schullizenz bei fobizz), die Gefahr der Abhängigkeit von der Technologie, Aspekte der Nachhaltigkeit, mögliche Verzerrungen in den Algorithmen und die Notwendigkeit der Förderung von kritischem Denken und ethischem Bewusstsein.

KI wird in meinem Unterricht sowohl als Lern- als auch als Prüfungsgegenstand betrachtet, um ein umfassendes Verständnis und eine verantwortungsvolle Nutzung zu gewährleisten.

Sind Tablets und KI der Schlüssel zum erfolgreichen Unterricht?

Zunächst sollte das langfristige Ziel sein, dass der kompetenzorientierte Einsatz von digitalen Medien und KI-Tools von Lehrerinnen und Lehrern nicht als Herausforderung, sondern als selbstverständlicher Teil der Lern- und Prüfungskultur im Unterricht gesehen wird.

Ich plädiere dafür, Tablets und KI-Tools im Klassenzimmer wirkungsvoll einzusetzen, ihre Bedeutung für die Bildung aber auch nicht zu überschätzen.

Digitale Werkzeuge machen die analoge Zeit im Klassenzimmer nicht überflüssig. Das Basiswissen muss auch ohne KI-Unterstützung sitzen und das Gefühl der Selbstwirksamkeit darf nicht zu kurz kommen.

Das Bildungsziel der Schule bleibt auch im Zeitalter von künstlicher Intelligenz die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler zu kritikfähigen, werte- und verantwortungsbewussten Menschen. Und dazu gehören nicht nur Tablets und KI, sondern auch Sport, Musik und Arbeitsgemeinschaften wie Theater und Philosophie. Es geht um die Persönlichkeitsentwicklung, das Digitale ist nur ein kleiner Teil davon.

Letztlich sind es die Lehrerinnen und Lehrer, die durch ihre inspirierende Vorbildfunktion die Schülerinnen und Schüler dazu anregen, neugierig zu sein und im Idealfall jeden Tag mit Begeisterung zu lernen. Bildung ist und bleibt der Schlüssel zu einem erfolgreichen und erfüllten Leben. Mit Motivation und Engagement können Lehrerinnen und Lehrer einen wichtigen Beitrag leisten und die Zukunft ihrer Schülerinnen und Schüler positiv prägen. Das habe ich selbst als Schüler – damals noch ohne digitale Medien – erfahren und deshalb diesen erfüllenden, aber auch herausfordernden Beruf ergriffen.

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